Geologie & Kultur: Weinheim- Inhalt der Tafel
von Georg Stappert
Tafel 1: Unser Dorf
Weinheim war bis 1972 eine selbständige Ortsgemeinde, ist aber heute mit über 1900 Einwohnern der größte von vier Stadtteilen der Kreisstadt Alzey. An der südlichen Peripherie Rheinhessens gelegen, gehört Weinheim zum Landkreis Alzey-Worms.
Das Dorf wird erstmals in einer Urkunde vom 12.02.772 erwähnt, in der ein gewisser Hrodolt sein gesamtes Eigentum dem Kloster Fulda als Schenkung überlässt. Dieser urkundlichen Erwähnung ging aber mit hoher Sicherheit eine viel ältere Besiedlung von Weinheim voraus.
Die Siedlungsgeschichte, die schicksalsträchtige Vergangenheit und die Lebensart der Bewohner von Weinheim wurde über all die Jahrhunderte nicht nur von den regionalen, politischen, sozialen, kulturellen und konfessionellen Einflüssen und Veränderungen geprägt, sondern insbesondere auch von den vorhandenen Erwerbsmöglichkeiten.
Stein und Wein spielten dabei schon jahrhundertelang eine
herausragende Rolle. So berichtet eine alte Legende, dass bereits der hl. Bonifatius, damals Bischof von Mainz, im 8. Jahrhundert einen Weinberg auf dem Heiligen Blutberg anlegen ließ.
Heute werden etwa ein Drittel der 760 ha großen Gemarkung weinbaulich genutzt.
Weinheim ist aber nicht nur wegen seines Weinbaus sondern vor allem auch wegen seiner erdgeschichtlichen Vergangenheit und wegen seinen geologischen Fundstellen weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Diese befanden sich vor allem in den zahlreichen Steinbrüchen und Sandgruben der Gemarkung. Noch vor etwas mehr als 100 Jahren gab es um Weinheim herum neun solcher Steinbrüche und zwei Sandgruben.
Weinheimer Steinhauer und Bildhauermeister waren in der ganzen Region aufgrund ihrer handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten bekannt. So stellten sie nicht nur Fasslager, Schweinetröge, Kuhkrippen, Fensterrahmen,
Mauersteine oder Fensterbänke her und lieferten ihre Natursteinarbeiten bis weit über die Grenzen Rheinhessens, sondern sie erstellten aus Weinheimer Sandstein auch kunstvolle Grab- und Kriegerdenkmäler. Einige davon kann man noch heute auf unserem Friedhof oder auf den Friedhöfen unserer Nachbargemeinden bewundern.
Schaut man sich nun im Ortskern unseres Stadtteils noch etwas genauer um, dann fallen immer wieder auch die zahlreichen aus Sandstein gemauerten Gebäude und Häuser auf. An exponierter Stelle sind dies u.a.: unsere beiden Kirchen, der Aussichtsturm und die Terrassenmauern auf dem Heiligen Blutberg, das schöne Wohnhaus der Nachfahren des Steinhauers Joh. Marx in der Hauptstraße, mehrere Hofreiten in der Rathausstraße sowie das massive Gemeinde- und Schulhaus aus dem Jahr 1887, außerdem der Wasserhochbehälter auf dem Mandelberg oder das Wasserhaus von 1909 an der Offenheimer Straße. Auch die Friedhofsmauer aus dem Jahre 1899 besteht aus behauenem Sandstein und konnte übrigens wie das Wasserhaus mit Spenden des Weinheimer Wohltäters und Ehrenbürgers Georg Neidlinger errichtet werden.
Mit dem plötzlichen Tod des 40jährigen Steinhauermeisters Johann Marx im Januar 1932 wurde allerdings der letzte mustergültige Weinheimer Steinbruchbetrieb an der Neumühle aufgelöst. Damit ging in unserm Dorf eine lange Ära der Steinbrecher und Steinhauer abrupt zu Ende.
Heute ist Weinheim vor allem durch seine Naturdenkmale und ehemaligen Sandgruben „Trift“ und „Zeilstück“ bekannt. Als attraktive geologische Fundstellen sind sie nach wie vor ein sehr lohnendes Ziel für interessierte Besucher und wissenschaftliche Exkursionen.
Tafel 2 Zeittafel
4000 – 2000 v. Chr.: Menschen sind in Weinheim nachweislich wohnhaft
2000 v. Chr. – 700 n. Chr.: Ansiedlungsplätze sind Trift, Sibyllenstein und ehm. Raiffeisenhalle
1. Jahrh.: Unsere Heimat wird römisch
437: Vernichtung des Burgunderreiches durch die Hunnen
Der hl. Blutberg ist der Sage nach Schauplatz grausamer Mordszenen
496: Unsere Region gehört zum Herrschaftsbereich der Franken
12.02.772: Erste urkundliche Erwähnung von Weinheim
972: Die katholische Kirche wird erstmals in einer Urkunde benannt
Um 1150: Errichtung der Burg Winnenburg
1273: Das „Deutsche Haus“ wird erstmals urkundlich erwähnt
1489: Bis zur napoleonischen Zeit ist Weinheim im Besitz der Kurpfalz
1557: Durchführung der Reformation
1618 – 1648: Dreißigjähriger Krieg, Dezimierung der Bevölkerung durch Pest und Kriegsgreuel
1680: Das „Deutsche Haus“ ist im Besitz von über 400 Morgen Land
1706: Bei der Pfälzer Kirchenteilung verlieren die Reformierten Besitz und Kirche
1747/1748: Bau und Indienststellung der ev. Kirche mit Orgel der Gebrüder Stumm
1787: In Weinheim wohnen 140 Familien in 112 Häusern
1816: 709 Einwohner. Weinheim gehört zum Großherzogtum Hessen und Kreis Alzey
1848: Junge Weinheimer schließen sich erfolglos der Freiheitsbewegung an, Gründung eines Turnvereins
1861 – 1925: Die Bevölkerung wächst von 920 auf 1098 Einwohner
1887: Neues Rathaus und Schule aus Weinheimer Sandstein
1900: Einweihung des Friedhofs
1902: Die Ortsstraßen werden gepflastert
1909: Wasserleitung
1911: Elektrifizierung
1918: Errichtung einer Kinderschule (Kindergarten)
1932: Bau eines kath. Vereinshauses mit Schulsaal im Götzenloch
20.03.1945: Für Weinheim ist der Krieg zu Ende: 68 Gefallene und 35 Vermisste
1962: Neubau der Schule
22.04.1972: Weinheim wird Stadtteil von Alzey
1980: Offzielle Partnerschaft mit Lembeye
1986: Haus St. Gallus
1991: Nach zweijähriger Bauzeit erfolgt die Einweihung der Riedbachhalle
1997: Neue Kindertagesstätte an der Riedbachhalle
1960-2010: Durch das neue Baugebiet wächst die Gemeinde von 1265 auf 1900 Einwohner
2011: Renovierung „Georg-Neidlingerhaus“ (ev. Gemeindehaus)