Das Wäldchen „Auf dem Groß“ - ein Lohwald
von Georg Stappert
Bis zum Ende des 2. Weltkrieges war das Wäldchen „Auf dem Groß“ ein typischer Niederwald, und gerade diese Niederwaldbewirtschaftung war über mehrere Jahrhunderte in unserer Gegend vor-herrschende Betriebsart.
Der Bevölkerung diente der Niederwald insbesondere als Holz- und Brennstofflieferant. Genauso wichtig war er aber auch für die Lohgewinnung.
Lohe ist die zum Gerben verwendete und zerkleinerte Baumrinde.
In früherer Zeit begannen die Lohschälarbeiten in der Regel im April, wenn der Saft in die Eichen stieg und endete im Juni. Dabei wurden die Bäume etwa einen Meter über dem Boden abgeschlagen und die Rinde abgeschält. Die Eichen erneuerten sich dann selbst wieder durch Stockausschlag oder aber durch den Austrieb der Wurzeln. Dieser neue Bestand konnte dann nach etwa 20 bis 25 Jahren wieder zur Lohgewinnung genutzt werden.
Werkzeuge
Wichtige Werkzeuge zur Lohgewinnung waren:
• Lohlöffel
• Hippe („Häb“ oder Heppe) und
• Klopfhammer
Mit der „Häb“ wurden u. a. die Äste entfernt und die Rinde rings um den Stamm durchtrennt.
Mit dem Klopfhammer bearbeitete der Lohschäler auf einem „Kloppstock“ (Baumstumpf) das bis zu 3 cm dicke Astwerk. Danach konnte die Rinde leicht abgeschält werden.
Der Lohlöffel ist etwa 20 cm lang und besteht aus einer löffelförmigen Metallklinge. Mit diesem Werkzeug wurde die Rinde möglichst in einem Stück vom Stamm gelöst.
Lohmühle und Grubengärung
Nach der Lagerung und Trocknung im Wald brachte man die gebündelte Eichenrinde zur Lohmühle und zerkleinerte sie. Danach konnte die gemahlene Lohe in einer Gerberei der unmittelbaren Gru-bengährung zugeführt werden. Dies geschah dadurch, dass der Gerber schichtweise gemahlene Lohe und Tierhäute in eine mit Wasser gefüllte Grube legte. Nach ein paar Tagen entstand dann eine gerbsäurehaltige Brühe, die den Gerbprozess in Gang setzte.
Insbesondere die Gerbung mit Eichenrinde ergab ein festes, gelbbraunes Leder und eignete sich für alle Ledersorten.
Wegen Brennholzknappheit wurde das Wäldchen „Auf dem Groß“ letztmalig am Ende des 2. Weltkrieges (1945) abgeholzt. Die Lohgewinnung wurde hingegen schon viel früher eingestellt, zumal die Weinheimer Obermühle („Der Lindenpark“) an der Offenheimer Straße bereits im Jahre 1879 von seinem Besitzer aufgegeben wurde. Sie war nämlich lange eine vom Steinbach angetriebene Lohmühle und gehörte damals dem Alzeyer Lederfabrikanten Pretorius.
Landschaftsschutzgebiet
Heute ist das Weinheimer Wäldchen Landschaftsschutzgebiet und dient auch der Naherholung.
Von mehreren Sitzgelegenheiten aus hat man einen herrlichen Blick auf Weinheim und seine Nachbargemeinden Mauchenheim und Morschheim sowie am Horizont in südlicher und südwest-licher Richtung auf den Pfälzer Wald und dann auf das Nordpfälzer Bergland mit dem Donnersberg (687 m) als höchste Erhebung.